Psychotherapie

Zwei Menschen im Schwingungsraum der Psychotherapie

Psychotherapie wird gerne als ‚Behandlung der Seele‘ übersetzt, im weiteren Sinn auch als ’sich um die Seele kümmern‘. Im zeitgenössischen Verständnis ist die Psychotherapie ein Behandlungsverfahren für psychische Krankheiten. Psychische Krankheiten werden in der Internationalen Klassifikation für Krankheiten (ICD-10/11) beschrieben. Deutsche Krankenkassen bezahlen ihren Versicherten Psychotherapien für dort aufgeführte Erkrankungen.

Je nach Perspektive kann man die Psychotherapie bis in die Antike zurückverfolgen. Durch verschiedene Stadien gelangte sie in die moderne Welt und wurde in der Form der ‚Psychoanalyse‘ populär. Im weiteren Verlauf des zwanzigsten Jahrhunderts haben sich etliche andere Formen von Psychotherapie entwickelt – z. B. verhaltenstherapeutische, systemische oder humanistische. Im einundzwanzigsten Jahrhundert müssen sich alle Verfahren einer Prüfung unterziehen und nachweisen, dass sie wirksam sind.

Wirksamkeit von Psychotherapie

Es gibt inzwischen viele Studien und Belege dafür, dass Psychotherapie ein wirksames Verfahren darstellt – sie hilft psychisch erkrankten Menschen wieder gesund zu werden. Ein wichtiger Aspekt für den Erfolg der Therapie ist nachweislich die Qualität der Beziehung zwischen Therapeut*in und Klient*in. Das Therapieverfahren spielt dabei eine eher nachrangige Rolle. Die Wirksamkeitsforschung ist weiter darum bemüht herauszubekommen, was in der Psychotherapie zuverlässig wirkt.

Aber diese Forschung steht vor großen Schwierigkeiten. Sie soll objektive Aussagen über etwas erstellen, das in fast jeglicher Hinsicht zutiefst subjektiv erlebt wird. Das beginnt bereits bei der sog. Krankheit und endet nicht mit der einmaligen Begegnung von Therapeut*in und Klient*in.

Dies ist ein Grundproblem der sog. ‚evidenzbasierten Medizin‘. Einerseits sollen (nur) vorhersagbare und wirksame Therapien bezahlt werden. Andererseits sind gerade Psychotherapien so individuell, dass sie womöglich erst durch diese Individualität wirksam werden.

Psychotherapie und Menschenbild

Von den Soziologen Berger/Luckmann stammt der Ausspruch, dass jeder Psychologie eine Kosmologie zugrunde liege. Wenn wir über Psyche/Seele/Bewusstsein sprechen, verorten wir diese in einer Welt. Das Aussehen und die Ausstattung dieser Welt kann von Fall zu Fall sehr unterschiedlich aussehen – ebenso verschieden sind dann die Vorstellungen davon, was Psyche/Seele/Bewusstsein jeweils bedeutet.

Wir machen uns selten klar, dass die Begriffe: ‚Welt‘, ‚Bewusstsein‘, ‚Leben‘ aber auch ‚Gesundheit‘, ‚Psyche‘ oder ‚Natur‘ Grenzbegriffe darstellen, die wir nicht tiefer erkennen können. Niemand kann sagen, was ‚Leben‘ oder ‚Bewusstsein‘ an sich ist – wir erkennen höchsten Merkmale davon und diese müssen uns auch dafür genügen, dass wir Krankheit oder Gesundheit diagnostizieren können.

Ganzheitliche Perspektive

Wenn es plausibel ist, dass es ein Mensch ist, der eine Psychotherapie in Anspruch nimmt, müsste es auch plausibel sein, dass dieser Mensch seinen Körper nicht an der Garderobe abgibt, sondern leiblich in die therapeutische Beziehung eintritt. Leiblich meint hier so viel wie belebt und ganzheitlich. Schon die Auffassung, dass Menschen in Körper (Soma), Seele (Psyche) und Geist (Nous) aufteilbar seien, wird schnell problematisch. Das organische Ganze einer Person wird in zwei bis drei Abteilungen aufgespalten und jeweils gesondert behandelt. Wird aber eine Person als ganzheitlicher und integrierter Mensch betrachtet, kann dieser nicht mehr analytisch bestimmt werden.

Die Alternative bzw. die Ergänzung des Analytischen wäre der Holismus. Die ganze Gestalt, der ganze Mensch organisiert seine Lebensäußerungen. Nicht ein geheimnisvoll entgleister Hormonspiegel führt zu Depressionen, sondern das erlebte Leben führt zu Veränderungen in der Physiologie und der Stimmung.

Ganzheitliche Betrachtung versucht, den Menschen gleichermaßen als biologisch, bewusst und sozial beeinflusst zu sehen. Diese Perspektive ist integrativ, insofern sie den Menschen als komplexes Lebewesen sieht, das zutiefst in seiner Lebens- und Mitwelt eingelassen ist.